Keiner von euch ist ein Gläubiger, solange er nicht das für seinen Bruder wünscht, was er für sich selbst wünscht.
Islam, Ausspruch des Propheten Muhammad (Hadith)

Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.
Christentum, Evangelium nach Matthäus 7:12

Literatur

Riße, Günther

Der Islam in unserer Welt

Theologische Gedanken an der Grenze der Begegnung von Christentum und Islam

Paderborn: Bonifatius-Verlag, 2015

Im Garten der Religionen – mit diesem Bild eröffnet Riße seine Überlegungen zur Begegnung von Christentum und Islam.

Die großartige islamische Gartenkultur sei immer zugleich ein Bild gewesen für den Paradiesgarten. In dieser Vorstellung verbinde sich der Islam mit der jüdisch-christlichen Tradition des Gartens Eden. Ausgehend von diesem „Garten der Begegnung“ beschreibt Riße die Geschichte der Begegnung zwischen Christen und Muslimen als wechselvoll und von Zeiten der Toleranz und des Miteinanders genauso geprägt wie von Zeiten der Intoleranz und Gewalt. Eingehender wird die gegenwärtige Situation in Deutschland und Europa beschrieben. Für den Dialog fordert Riße fundierte Kenntnisse der anderen Religion, sowie die Bereitschaft, den Partner „als den zu erkennen, der er ist und sein will“.

Ein eigenes Kapitel steht unter der Frage: Der Islam – Religion der Gewalt oder Religion des Friedens? Dazu werden Koranstellen zitiert, aber auch die ältere und neue Geschichte durchleuchtet und die Folgen der Kolonialherrschaft westlicher Staaten in muslimischen Ländern benannt. Theologische Gespräche und Begegnungen werden eröffnet zu ethischen Fragen, wie sie aus jüdisch-christlicher Sicht in den 10 Geboten niedergelegt sind, ebenso wie Gespräche über Paradiesvorstellungen angeregt durch eine islamische Perspektive. An der Grenze der Begegnung, so ein Kapitel des Buches, steht die Rolle und Bedeutung der Person Jesu, die in beiden Religionen sehr unterschiedlich betrachtet wird, anders als Maria, seine Mutter, die in beiden Religionen verehrt wird und die Rolle einer Grenzgängerin übernehmen könne. Grenzgänger und Prophetinnen der Moderne wie Charles de Foucault, Jean-Mohammed Ben Abd-el Jalil und Louis Massignon eröffnen einen Blick auf heutige Dialogbegegnungen, die so Massignon das Ziel haben, nicht den anderen zu vereinnahmen, sondern Gast des andern zu werden, um ihn zu verstehen. Gleichzeitig bleibe der interreligiöse Dialog immer rückgebunden an Jesus Christus, das Heil der Welt.

Riße eröffnet mit seinem Buch eine gut lesbare Geschichte der Beziehungen der beiden Religionen und stellt verbindende und trennende theologische Themen aus einer katholischen Perspektive verständlich dar. Protestantische Beiträge fehlen und auch die islamische Sichtweise wird durch die Brille der katholischen Theologie präsentiert.

Erscheinungsjahr: 2015

Stichworte: Islam, Christentum, Theologie, Begegnung